Schluss mit dem leidigen Harnwegsinfekt!


Veröffentlicht am: 12.08.2024

Schon wieder muss „frau“ ständig zur Toilette laufen, hat brennende Schmerzen beim Urinieren und Krämpfe im Unterbauch. Der Harnwegsinfekt meldet sich zurück. Der Harn kann trüb sein, übelriechend, in akuten Fällen sogar blutig. Betrifft der Infekt auch die oberen Harnwege, sind Fieber und Nierenschmerzen (Flankenschmerz) eine weitere unangenehme Begleiterscheinung.

Viele Frauen werden sich verzweifelt fragen, warum ausgerechnet sie (und nicht Mann) so häufig von Harnwegsinfekten betroffen sind. Das liegt am unterschiedlichen Bau der Harnwege: Frauen haben eine viel kürzere Harnröhre als Männer. Bei ihnen müssen Infektionserreger von der Harnröhrenmündung zur Harnblase, wo sie sich ansiedeln und Entzündungen hervorrufen, nur etwa 4 Zentimeter zurücklegen, beim Mann sind es beachtliche 20 Zentimeter. Frauen sind demzufolge etwa viermal häufiger als Männer von einem Harnwegsinfekt betroffen.

Von der Harnblase können die Keime weiter aufwärts über die Harnleiter zum Nierenbecken und zur Niere wandern und auch dort Entzündungen hervorrufen. In den meisten Fällen kommt es zu einer Harnblasenentzündung (Zystitis).



Ursachen von Harnwegsinfekten

Keime, die Harnwegsinfektionen verursachen, kommen in den meisten Fällen aus der eigenen Darmflora, der bei weitem häufigste Infektionserreger (in etwa 80% der Fälle) ist Escherichia coli. Eher selten verursachen Pilze, Viren oder Parasiten einen Harnwegsinfekt. Darmkeime gelangen über den Scheidenbereich zur äußeren Harnröhrenmündung. Deswegen ist die richtige Pflege nach dem Stuhlgang schon bei kleinen Mädchen zu trainieren.

Es kann aber trotz ausreichender Hygiene zu einem Harnwegsinfekt kommen und es gibt viele Möglichkeiten, durch die das Eindringen von Keimen in den Harntrakt begünstigt wird:
Ein z. B. durch Stress geschwächtes Immunsystem ermöglicht eine Infektion. Die hormonellen Umstellungen in der Schwangerschaft und Menopause erleichtern Infektionen, ebenso häufiger Geschlechtsverkehr, Verhütung mit Scheidendiaphragmen, Spermiziden oder DMPA (Depot-Medroxyprogesteron-Acetat), häufiges Schwimmen, Unterkühlung und eine zu geringe Trinkmenge. Zusätzlich begünstigen bestimmte Grunderkrankungen, wie z. B. ein Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) und Fehlbildungen beziehungsweise Fehlfunktionen im Harntrakt (z. B. vesikoureteraler Reflux oder bei Männern Prostatahyperplasie) eine Infektion der Harnwege.
Bei den Symptomen wird bei der ärztlichen Untersuchung bei Frauen besonderes Augenmerk daraufgelegt, ob vaginale (Scheiden-) Beschwerden wie Juckreiz oder Scheidenausfluss vorliegen, da dies für ein (zusätzliches) anderes Krankheitsbild sprechen kann (Scheideninfektion). Bei der ärztlichen Untersuchung wird meistens auch ein Bakteriennachweis und Nachweis der Entzündungsparameter im Urin mit einem Harnstreifentest durchgeführt. Dazu wird meist Mittelstrahlurin oder gewonnen.



Behandlung von Harnwegsinfekten 


Bei der Akutbehandlung sorgen ärztlich verordnete Antibiotika rasch für eine Linderung der Symptome. In manchen Fällen werden zusätzlich krampflösende Medikamente (Spasmolytika) verordnet, damit der Harndrang gelindert wird und das Antibiotikum möglichst lange in den Harnwegen wirksam sein kann. Auch eine Schmerzlinderung (Analgetika) kann erforderlich sein. Leider kommt es in vielen Fällen zu einem Wiederauftreten des Harnwegsinfektes (Rezidiv). Bevor immer wieder Antibiotika verabreicht werden oder gar eine Antibiotikadauertherapie eingeleitet wird, kann frau in Eigeninitiative Maßnahmen setzen:

  • Mediziner:innen empfehlen eine ausreichende Trinkmenge (1,5 bis 2 Liter pro Tag), damit einerseits genug Harn produziert wird, um Bakterien auszuschwemmen,
  • Bei regelmäßigem Konsum von Fruchtsäften aus Beeren und/ oder probiotisch fermentierten Milchprodukten ist die Rate von wiederkehrenden Harnwegsinfekten niedriger.
  • Adipositas mit einem BMI über 30 erhöht das Risiko von Harnwegsinfekten um den Faktor 2,5 bis 5. Eine Gewichtsnormalisierung hat neben den Vorteilen für die Herzgesundheit also auch bei Harnwegsinfekten eine positive Wirkung.
  • Der Toilettengang nach dem Geschlechtsverkehr kann Keime aus der Harnröhre ausschwemmen.
  • Sorgen Sie dafür, dass Ihre Füße warm bleiben.
  • Mit bestimmten natürlichen Wirkstoffen wird die Anheftung der Bakterien an die Wand der Harnwege gehemmt, dazu gehören: Mannose, Chondroitinsulfat und Hyaluronsäure. Für Cranberry-Produkte sind die Daten widersprüchlich und es scheint auf das Produkt und die Dosierung anzukommen.
  • Manche pflanzliche Wirkstoffe können die Harnwege desinfizieren und senken so nachweislich die Rate an Harnwegsinfektionen. Dazu gehören Bärentraubenblätter, Brunnenkressekraut, Meerrettichwurzel und weißes Sandelholz. Bärentraubenblätter und Sandelholz sollten allerdings nicht länger als einen Monat eingenommen werden.

 


Vorbeugung (Prophylaxe) von Harnwegsinfekten


Mit Ihrer/m Ärztin/Arzt können Sie auch eine Immunprophylaxe durchführen: Dabei erhalten Sie Bestandteile von abgetöteten Infektionserregern zum Schlucken oder als Injektionen in den Oberarmmuskel. Beide Methoden verhindern nachweislich das Wiederauftreten von Harnwegsinfekten.

 

 


Univ.-Prof. Dr. Bernhard Metzler, Universitätsklinik Innsbruck

NPS-AT-00220

Seite teilen