Generika und Original - gibt es Unterschiede?
Veröffentlicht am: 06.05.2024
Was ist ein Generikum?
Ein Generikum (Plural Generika) ist ein Arzneimittel, das hinsichtlich des darin enthaltenen Wirkstoffes mit einem bereits früher zugelassenen Arzneimittel übereinstimmt. Vom Originalpräparat kann sich das Generikum zwar bezüglich der enthaltenen Hilfsstoffe und der Herstellungstechnologie unterscheiden, diese sind jedoch für die maßgebliche therapeutische Wirkung nicht relevant.
Das Geschäftsmodell des ursprünglichen erstzugelassenen sogenannten Originalpräparates beruht auf der durch Patentschutz gewährten, zeitlich befristeten Exklusivität der Nutzungsrechte. Diese Frist beträgt 20 Jahre, wobei jedoch die Entwicklungszeit in die Patentlaufzeit fällt, welche in der Regel 10-12 Jahre beträgt. Für die patentgeschützte Nutzung verbleiben der Herstellerfirma effektiv also noch etwa 8 Jahre. Nach Ablauf der Schutzfrist können auch andere Unternehmen Arzneimittel mit identischen Wirkstoffen, eben den Generika, Patientinnen und Patienten zur Verfügung stellen. Durch den Patentschutz werden die hohen Forschungs- und Entwicklungskosten refundiert, dazu gehören auch die aufwendigen klinischen Studien mit zehntausenden Patientinnen und Patienten zur Untermauerung der Sicherheit und Verträglichkeit der neuen Substanz. Hier besteht auch das Risiko für die Substanz keine Zulassung zu erhalten. Der Schutz des geistigen Eigentums ist damit zugleich Grundlage dieses Innovationsprozesses.
Preisvorteile
Der Wirkstoff, der durch eine chemische Strukturformel exakt definiert ist, ist bei einem Generikum identisch mit dem Wirkstoff des Originalpräparates. Jedoch ist der Preis, der nach dem Patentablauf zustande kommt, deutlich geringer.
Paracetamol - das weltweit bekannteste Generikum
Paracetamol, ein Klassiker unter den Generika, dient beispielsweise als Inhaltsstoff schmerzstillender und fiebersenkender Medikamente. Die chemische Strukturformel zeigt, wie der Wirkstoff aus einzelnen Atomen aufgebaut ist (H: Wasserstoff, O: Sauerstoff, N: Stickstoff, C: Kohlenstoff, alle Ecken: weitere Kohlenstoffatome, Strich: Einfachbindung, Doppelstrich: Doppelbindung).
Bereits 1878 wurde dieser Wirkstoff erstmals in den USA synthetisiert (altgriechisch sýnthesis für Zusammensetzung oder Verknüpfung). Die Originalsubstanz fand dann 1887 Eingang in die Heilkunde. Im Jahr 1977 wurde die Substanz in die Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation aufgenommen.
Einblicke in die Generika-Industrie
Wenn ein Arzt oder eine Ärztin ein Generikum verordnet, sinken die Ausgaben der Krankenkassen, die mit unseren Lohnnebenkosten in Wechselwirkung stehen. Ferner wird durch Generika-Verordnungen, wieder neuer finanzieller Spielraum frei, um Therapieoptionen zahlreicher ernster gesundheitlicher Bedrohungen bekämpfen zu können. Die Wirkstoffe der Arzneimittel werden also unter einem hohen finanziellen Aufwand entwickelt und zugelassen, der zunächst durch die Industrie geschultert wird. Während der Zeit des Patentschutzes werden diese Kosten idealerweise von einem gesunden Sozialsystem ganz oder teilweise refundiert. Im Anschluss werden die Wirkstoffe wieder generisch und stehen der Gesellschaft zu einem günstigen Preis zur Verfügung. Damit schließt sich nach einem langen und risikoreichen Innovationszyklus ein sinnvoller Kreislauf. So kann heute beispielsweise weiter an Antworten für eine Vielzahl seltener Krankheiten (rare diseases) geforscht werden, die häufig genetisch bedingt sind, insbesondere Kinder betreffen und einen hohen Leidensdruck verursachen. Die Jahrestherapiekosten können hier am Anfang den Preis eines Kleinwagens übersteigen, da in einzelnen Ländern oft nur wenige Dutzend Patientinnen und Patienten betroffen sind. Später jedoch, im Stadium des Generikums, stehen diese Arzneimittel den Patientinnen und Patienten für einen günstigen und sozialverträglichen Preis zur Verfügung.
Autoren: OA Dr. Andreas Entermann, Pädriatrischer Gastroenterologe, Dipl.-Ing. Peter Binter
Diese Themen könnten Sie auch interessieren
NPS-AT-00167