Depression - ein aktueller Überblick

Veröffentlicht am: 18.03.2024

Ein dramatischer Anruf geht in der Notrufzentrale ein: „Das ist mein letzter Anruf, danach bring ich mich um“. Der in der Dialogtechnik geschulte Gesprächspartner antworte so oder so ähnlich mit Erfahrung und Empathie: „Ich fühle mich geehrt, dass du in den letzten Minuten deines Lebens die Zeit mit mir verbringen möchtest und ich fühle, dass es dir besonders schlecht geht.“ Danach ist der Anrufer meist bei sich und eine Wendung der akuten Gefahrensituation wird möglich.

Bei einer Depression ist die Prognose in der Regel von einem günstigen Verlauf bestimmt und die völlige Genesungsrate ist sehr hoch. Faktum ist aber auch, dass etwa 10% der Menschen, die von einer schweren Depression betroffen sind, Suizidgedanken haben.

 


Psychotherapie als Teil der Therapie nach dem ersten Schritt zum Hausarzt


Bei einer schweren Depression sind Medikamente zusammen mit einer Psychotherapie und verhaltensmodifizierenden Maßnahmen immer unerlässlich, darüber sind sich Experten einig. Heute sind viele moderne hochwirksame Psychopharmaka als sehr günstige Generika verfügbar, jedoch fällt der notwendige erste Schritt zum Hausarzt den Betroffenen meist sehr schwer.
Bei der Psychotherapie geht es unter anderem darum, den Alltag zu strukturieren und negative Denkautomatismen zu bewältigen. Bewegung soweit möglich in der freien Natur - darunter auch das „Waldbaden“ - hat wie von Medizinern empfohlen, nachweislich einen positiven Einfluss



In der Therapie wird auch eine Entstigmatisierung vollzogen: „Nur schwache Personen bekämen eine Depression und eine Depression sei gar keine Krankheit“ – dieses Vorurteil ist nach wie vor weit verbreitet. Als Brücke der Kommunikation können Menschen dienen, die selbst schwere Depressionserfahrungen gemacht oder einen nahen Angehörigen betreut haben. Eine Depression hat meist auch körperliche Symptome wie Schlafstörungen, psychische Symptome wie Gereiztheit, was das persönliche Umfeld sehr belasten kann, und schließlich kognitive Beeinträchtigungen wie einen allgemeinen Konzentrationsmangel.

 


Antidepressive Medikation


Antidepressiva
wirken nicht sofort nach der ersten Einnahme. In aller Regel dauert es zwischen einer und vier Wochen, bis sich die Wirkung voll entfaltet und sich das Befinden bessert. Nebenwirkungen sind eher am Beginn der Behandlung präsent, verschwinden jedoch mit Eintreten der gewünschten Wirkung.
Antidepressiva stehen in unserer Gesellschaft nach wie vor in einem gewissen Wettbewerb zu Alkohol, dem populärsten Anxiolytikum (Angstlöser) überhaupt, denn sein Wirkungseintritt erfolgt vordergründig am Anfang jedenfalls garantiert und auch ohne Zeitverzug. Dessen Gefahren, insbesondere die Abhängigkeit und die Endorganschäden werden von den Betroffenen leicht kleingeredet. Tatsache ist, dass regelmäßiger Alkoholkonsum – auch in kleinen Mengen - immer die Leber schädigt und Depressionen verfestigen bzw. überhaupt erst auslösen kann.

Antidepressiva machen, entgegen der weit verbreiteten Meinung, nicht abhängig. Nach einer Gesundung ist das sogenannte Ausschleichen wichtig. Unter dem Begriff „Ausschleichen“ wird in der Medizin der Prozess verstanden, in dem am Ende einer Therapiephase die Dosis eines Medikaments innerhalb eines längeren Zeitraums reduziert wird, sodass schließlich darauf verzichtet werden kann.

 

 



Dr. Christian Neuhauser, Oberarzt an der Abteilung für klinische Neurologie am Universitätsklinikum St. Pölten

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